Stadt(t)räume am Heineplatz

Neue Station auf dem „Trainingspfad des Sehens“ in Halberstadt

Ausstellungstafel am ehemaligen
Einrichtungshaus am Heineplatz //
Foto: chezweitz & roseapple

7. Juli 2008 –

Mit einer Ausstellungseröffnung und einem Filmpicknick am Heineplatz wird am Dienstag, den 15. Juli 2008 der „Trainingspfad des Sehens“ in Halberstadt um eine Station verlängert. Der Platz am südöstlichen Rand der Innenstadt gibt die wechselvolle bauliche Entwicklung in Halberstadt besonders gut zu erkennen. Am ehemaligen Einrichtungshaus am Heineplatz wird die Ausstellung „Stadt(t)räume“ die Städtebaugeschichte der Stadt und des Platzes nachzeichnen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg war das Gründerzeitviertel um den Heineplatz völlig verschwunden. Viele Utopien wurden für diese Tabula rasa entworfen. Doch erfolgte zunächst ein vorsichtiger Wiederaufbau in den fünfziger Jahren. Die späteren frischen Ideen der Ostmoderne blieben jedoch unverwirklicht. Stattdessen setzte sich ab den siebziger Jahre ein gestalterischer Pragmatismus durch, der heute zumeist mit Plattenbauten in Verbindung gebracht wird.
Und so wirkt die Gegend um den Heineplatz heute seltsam unentschieden – gleich einer zufälligen Collage aus Verkehrsanlagen, Grünflächen und einer verstreuten Bebauung, die nicht zu wissen scheint, ob sie den Straßenraum einfassen und begleiten, oder vor ihm zurückweichen soll.

Die Ausstellung „Stadt(t)räume“ gibt den Besuchern die Möglichkeit, durch Freilegen vieler Schichten und Geschichten diesen Stadtraum besser zu erkennen und „lesen“ zu können.
Viele der Gebäude um den Heineplatz sind Fragmente von Visionen einer besseren, zukünftigen Stadt, die einander im Laufe der Geschichte überholt haben. Die Ausstellungsbesucher können eine Auswahl daraus mit dem tatsächlich Gebauten, aber auch mit ihren eigenen Vorstellungen von einer ‚Stadt der Zukunft’ vergleichen.
Bewusst hat der Kurator Dr. Martin Peschken die etwas andere Geschichte von Halberstadt, jenseits und abseits des Domplatzes und Domschatzes, ausgewählt, denn sie trifft die Lebenswirklichkeit der Bürger einer Nachkriegsgeneration.
Das Büro chezweitz & roseapple gestaltete die Ausstellung. Sie ist auf neun Paneelen im öffentlichen Raum unter der Pergola des ehemaligen Einrichtungshauses am Heineplatz zu sehen und endet mit einer Finissage am 29. Oktober.

Im Anschluss an die eigentliche Ausstellungseröffnung findet ein Filmpicknick statt. Gezeigt werden dabei drei Filme, die sich mit dem Menschen in der modernen Welt auseinandersetzen:
- „1000 Jahre Markt-, Münz- und Zollrecht in Halberstadt“ (1989)
Thema u. a. der DDR-Städtebau in den 1970er und 1980er Jahren
- „Mon Oncle / Mein Onkel“ von Jacques Tati (1958)
„Nijuman No Borei / 200000 fantômes“ von Jean-Gabriel Périot, Kurzfilm (2007)
Der Film zeigt Fotografien des Gebäudes der Industrie und Handelskammer in Hiroshima aus den Jahren, 1914 bis 2007, also vor und nach dem Atombombenabwurf auf die Stadt. Das Gebäude ist heute eine Gedenkstätte.
Alle Besucher sind eingeladen, zum Filmabend ihren gefüllten Picknickkorb mitzubringen.

Das IBA-Thema „Kultivierung der Leere“
Durch die Zerstörungen des letzten Weltkriegs verlor Halberstadt sein mittelalterliches Zentrum. Leere Räume, perforierte Strukturen und große Achsen sowie kleine zusammenhängende Fragmente der historischen Altstadt prägen seitdem kontrastreich das Stadtgefüge. Die Leerstellen können angesichts der rückläufigen Bevölkerungsentwicklung auf absehbare Zeit nicht bebaut werden. Qualität kann Leere nur dann entwickeln, wenn sie von der Öffentlichkeit als Chance angenommen und durch Gestaltung interpretiert wird.
Die IBA Stadtumbau 2010 widmet sich deshalb dem offensiven Umgang mit der physischen Leere. Durch künstlerische Interventionen können sich die Bürger einem anderen „Werten und Sehen“ der Leere annähern.

Ein wichtiges Werkzeug dafür ist das IBA-Projekt „Trainingspfad des Sehens“. Der Pfad verbindet acht Orte, die nacheinander ins Blickfeld gerückt werden. Die Ausstellung „Stadt(t)räume“ und das Filmpicknick am Heineplatz sind die dritte Aktion auf dem Trainingspfad, durchgeführt von der Stadt Halberstadt in Kooperation mit dem IBA-Büro.. Bereits im Mai 2007 waren die Halberstädter zu einem Vorlesepicknick auf dem Abtshof einladen und im September 2007 zur Einweihung des „Sehrings“ am Domhang. Noch in diesem Jahr wird als vierte Aktion eine Klanginstallation auf dem Domplatz folgen.

Ausstellungseröffnung und Filmpicknick: Di., 15. Juli 2008, 19:30 Uhr
Finissage der Ausstellung: Do., 29. Oktober 16.00 Uhr,
Ehemaliges Einrichtungshaus, Heineplatz, Halberstadt